Babys, Kleinkinder und Autos sind ja irgendwie meistens so eine ganz spezielle Kombination. Oft auch eine, die sehr angespannt ist.
Die Granate ist dabei fast schon ein Vorzeigekind. Lange, lange Zeit war sie einfach nur glücklich, wenn sie aus dem Auto schauen und vielleicht den ein oder anderen Trecker oder LKW entdecken konnte und auf längeren Fahrten war sie dann irgendwann eingeschlafen. Auch heute ist es noch recht entspannt mit ihr, da wird viel gemalt, Bücher geguckt oder Hörspiele angehört und alles ist gut.
Nicht jedoch der Kampfzwerg, der macht nämlich auch dort seinem Namen alle Ehre.
Ein Drama in zwei Akten
Akt I
Am Anfang hat er gegen das Autofahren an sich gekämpft. Protestiert wurde anfangs immer. Sobald sich das Auto in Bewegung setzte war aber alles ok und er schlief irgendwann ein. Längere Fahrten waren da schon eher das Problem. Nachdem er seinen Mittagsschlaf beendet hatte, hatte er nämlich keinen Bock mehr aufs Autofahren und das wurde auch kundgetan. Laut, sehr laut und sehr ausdauernd. In seinem ersten Jahr schrie er sich sogar so schlimm in Rage, dass er sich übergeben musste. Was die Lage natürlich nicht verbesserte. Ob die olle Muddi zum bespaßen hinten saß, war dabei im Übrigen vollkommen unerheblich. Pausen änderten daran auch nichts. Da war er unerbittlich.
Das Kreischkonzert des kleinen Bruders sorgte dann natürlich auch dafür, dass die Große irgendwann die Schnauze voll hatte. Entweder, weil er sie damit weckte. Dann war sie natürlich noch müde und heulte auch, weil sie eigentlich noch schlafen wollte. Oder, weil es ihr einfach zu laut war und sie es nicht (mehr) hören wollte. Dann saßen wir als Eltern entweder vorne und wollten mitheulen (ich) oder die Halsschlagader drohte zu platzen (mein Mann). Niemand, der diese Situation nicht schon mitgemacht hat, kann sich vorstellen, welche innere Hast man dann auf einmal entwickelt. Wir hätten uns am liebsten mit der Geschwindigkeit eines Düsenjets voranbewegt, was nicht mal auf der Autobahn dank zahlreicher Geschwindigkeitsbegrenzungen annähernd möglich war.
Nach Hause hetzen, hoffen, dass beide Kinder es irgendwie überleben und nicht am Sauerstoffmangel durch ihr Dauergebrüll sterben, war also die eine Möglichkeit. Die andere Möglichkeit erforderte von mir ein Höchstmaß an körperlicher Flexibilität, die ich dank meines Schlangenmenschen-Gens natürlich habe – Nicht. Möglichkeit zwei beinhaltete nämlich die Bestechung mit Feuerwehrmann Sam. Weder haben wir so coole Mini-Bildschirme an den Rückseiten unserer Autositze, noch war die Granate in den letzten Urlauben so wirklich in der Lage (oder daran interessiert) das Tablet so zu halten, dass ihr Bruder auch etwas sehen konnte. Also blieb Mutti nichts anderes übrig als sich auf dem Beifahrersitz so zu verrenken, dass BEIDE Kinder auf das Mini-Display meines Handys blicken konnten. Ich brauchte nach der Überbrückung der letzten halben Stunde Autofahrt der Hölle danach zwar beinahe neue Schultergelenke, aber wenigstens mussten wir uns kein Dauergekreische in DolbySurround-Qualität anhören.
Akt II
Der Kampfzwerg entwickelt immer mehr seinen eigenen Willen und ich schwör euch, manchmal komme ich schon bei dem Gedanken daran, ihn gleich ins Auto setzen zu müssen ins Schwitzen. Zu dem eigenen Willen gehört nämlich auch die eiserene Entscheidung, dass es momentan viel witziger ist, im Auto rumzuklettern, als in dem blöden Sitz festzustecken. Erfordern unsere Besorgungen es, den Kampfzwerg mehr als zweimal aus dem Auto raus und wieder reinzusetzen, weigere ich mich. Das machen weder meine Nerven, noch mein Zeitplan mit.
In meinen Gedanken spielen sich schon wunderbaren Szenen á la Bösewichtschurke ab, wie ich das unwillige Kind festsetzen könnte. Bislang in Erwägung gezogen wurde: Panzertape, extrastark peckendes Klettband, starke Magnete, Beeinflussung des Geistes… mal sehen, was mir noch so einfällt. Aber halt, bevor jetzt einer das Jugendamt alamiert, es handelt sich dabei lediglich um die Fantasien einer Mutter, die verzweifelt versucht ihr Kind unter zehn Minuten Überzeugungsarbeit im Kindersitz anschnallen zu können.
Bei seinen Bemühungen dem fiesen Sitz zu entkommen, entwickelte der Kampfzwerg unlängst ungeahnte Talente: da wird der Rücken durchgedrückt und langsam aber bestimmt aus dem Sitz rausgeglitten. Hat nen bisschen was von nem Aal oder ner Schlange… oder Slimy… oh, ich schweife ab.
Du kannst es mir glauben, selten war ich so froh an einer stark befahrenen Straße zu wohnen, auf der auch ständig irgendwelche LKW fahren. „Oh, schau mal, ein großer LKW! Schau, da müssen wir hinterher! Los, ganz schnell in den Sitz, dann kriegen wir ihn noch!“ Klappt bis jetzt – zum Glück – in 95% der Fälle. Immerhin etwas! Was passiert, wenn die LKW-Begeisterung nachlässt, daran mag ich noch gar nicht denken, aber wer weiß, was dann ist.
In diesem Sinne: immer schön anschnallen!
Herzlichst
Deine JennyPenny
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