Kruemelina vom Krümel Blog hat eine Blogparade mit dem Thema Stillen ist Liebe gestartet und mich gefragt, ob ich mit diesem Artikel nicht an der Blogparade teilnehmen möchte. Ein Artikel, der sich für das Fläschchen geben stark macht in einer Blogparade, bei der es ums Stillen geht? Klingt vielleicht erstmal ziemlich abwegig. Ich finde es aber gut, dass Kruemelina ihre Blogparade so offen gestaltet und auch andere Sichtweisen gerne sieht. Denn auch wenn es den anscheinend ewigen (dogmatisierten) Streit zwischen Fläschchen geben und Stillen gibt, wird in dem folgenden Text hoffentlich deutlich, dass jeder von uns tolerant sein sollte. Denn viel geht es dabei um falsche Behauptungen (Bonding, Mutter-Kind-Bindung) und wer offen ist, wird feststellen, dass es doch einige Gemeinsamkeiten zwischen Still- und Fläschchen-Mamas gibt.

 

Mir ist vollkommen bewusst, dass der Wunsch nach einer vollständigen Gleichstellung von Stillen und Flasche geben nicht nur utopisch sondern auch ungerechtfertigt ist. Denn so bitter die Wahrheit für uns „Flaschenmuttis“ ist, die Muttermilch an der Milchbar zu tanken, ist nun einmal das natürlichste und – vorausgesetzt die Mutter ernährt sich gesund – auch das gesündeste fürs Baby. Ich will jetzt nicht lang und breit die Vor- und Nachteile von beiden Varianten aufzählen, da wir die alle zur genüge gehört haben. Dennoch wünsche mir manchmal, dass das Flasche geben als annähernd so selbstverständlich angesehen wird, wie das Stillen, denn ich bin mir sicher, dass der Großteil der zufütternden Mütter dies aus einem guten Grund machen und nicht aus „Faulheit“.

 

Wer die Flasche gibt kann keine innige Bindung aufbauen

Ich empfinde es als absolut absurd zu denken, dass man als Flaschenmutti keine richtige Bindung zu seinem Kind aufbauen könne. Wenn ich dem Krümel die Flasche gebe, schmiegt er sich genauso an mich, als würde ich ihn Stillen. Er umklammert mit seinen kleinen Händen oder Fingerchen meine Finger und spürt meine Nähe und Wärme, riecht meinen Geruch und spürt, dass ich ganz dicht bei ihm bin und auf ihn aufpasse. Natürlich bin ich etwas unabhängiger, weil tagsüber auch mal mein Mann oder die Oma das Fläschchen geben kann. Wer aber denkt, dass das abends oder nachts auch so einfach der Fall ist, ist ziemlich auf dem Holzweg. Da will der Krümel nämlich seine Mama haben, Papa wird nur im Notfall akzeptiert und das auch eigentlich nur, wenn ich gar nicht anwesend bin. Obwohl ich mich letztendlich bei beiden Kindern gegen das Stillen und für die Flasche entschieden habe, hängen beide nicht weniger an mir als ich es bei stillenden Müttern erlebe, ich bin einfach die Hauptbezugsperson. Zum Aufbau einer Bindung gehört eben so viel mehr als „nur“ das Füttern. Körperpflege, kuscheln, spielen, kitzeln, mit seinem Baby reden, ihm die Welt zeigen und erklären sind alles wichtige Bestandteile zum Aufbau einer Beziehung. Zudem bin ich mir ziemlich sicher, dass es unserer Bindung nicht zuträglich gewesen wäre, die Babys weiter mit aller Macht an die Milchbar zu bekommen. Ich wurde immer verzweifelter und hilfloser, die Babys immer verzweifelter und hungriger. Hilflosigkeit schlägt nicht selten in Wut um und das ist wohl ein Gefühl, dass keiner mit einer schönen, harmonischen Stillbeziehung in Verbindung bringt. Wozu also mich und die Kinder noch weiter quälen?

 

Stillen ja, quälen bitte nicht!

Auf ZEIT Online ist anlässlich der internationalen Stillwoche ein schöner Artikel erschienen, der mir voll und ganz aus der Seele spricht. Beim Stillen ist es letztlich so, wie bei vielen anderen Bereichen des Mutterdaseins: es wird idealisiert und sich eingemischt. Wer glaubt, die Frau habe die freie Entscheidung darüber, ob sie stillen will oder nicht, liegt falsch. Natürlich würden es einem die wenigsten platt vor den Kopf sagen, aber entscheidet man sich gegen das Stillen, wird viel geguckt (gerne auch missbilligend) und viel versucht vom Gegenteil zu überzeugen. Ich habe es selbst erlebt. Bei der Granate war ich voller Stillenthusiasmus, ich wollte unbedingt stillen und stellte es mir als das schönste Gefühl auf Erden vor. Denkste Puppe! Nichts hat richtig geklappt. Obwohl ich von dem Krankenhaus, in dem ich lag eigentlich begeistert war, muss ich leider sagen, dass die Stillbegleitung furchtbar war. Mein Baby wurde gleich von Anfang an an die Brust gedrückt, Protestgeschrei mit der Brustwarze erstickt. Ganz ehrlich, unter solchen Umständen hätte ich als Baby auch dicht gemacht. Es fing also die Abpumperei an, bei der ich bis zum sechsten Lebensmonate der Granate blieb. Denn auch zu Hause, mit sanfteren Überzeugungsmethoden weigerte sie sich standhaft. Es kam, was kommen musste, meine Hebamme versuchte mich immer wieder davon zu überzeugen die Kleine doch nochmal an die Brust zu kriegen. Irgendwann hatte ich es satt und sagte ihr, welchen Widerwillen ich mittlerweile beim bloßen Gedanken ans Stillen empfand und hatte endlich meine Ruhe. Im Nachhinein nehme ich es meiner Hebamme nicht übel, schließlich ist es ihr Job. Zu der damaligen Zeit hinterließ ihr Verhalten – sicherlich unbeabsichtigt – ein schlechtes Gewissen. Und auch beim Krümel habe ich immer noch das Gefühl mich rechtfertigen zu müssen, warum er denn die verteufelte Flaschenmilch (und noch nicht mal abgepumpte Muttermilch – shame on me) bekommt.

 

Bessere Stillberatung erwünscht

Ich denke (werdenden) Müttern immer wieder vorzubeten, wie wichtig das Stillen doch ist, ist der falsche Ansatz. Denn sollte es, auch welchem Grund auch immer, nicht klappen mit dem Stillen, hat dies wohl bei den meisten zwängslaufig ein schlechtes Gewissen zur Folge. Stattdessen sollte sich die Gesellschaft – explizit die Krankenhäuser, denn da nimmt das Drama ja meist seinen Lauf – mehr darauf konzentrieren, den Müttern eine fundierte Stillberatung zur Seite zu stellen. Dem brüllenden Baby einfach nur die Brust in den Mund zu drücken, kann nicht der richtige Weg sein. Sicherlich leiden gerade auch Krankenhäuser unter einem engen Personalschlüssel, aber ich denke, es gibt genug Organisationen, die bei Stillschwierigkeiten mit Rat und Tat zur Seite stehen. Warum also keine Kooperation mit Krankenhäusern eingehen und die Mütter gleich von Beginn an auf einen guten (Still-)Weg bringen?!

Wenn ich bei Facebook die Kommentare zu dem ZEIT-Artikel lese, rollen sich mir teilweise die Fußnägel auf. Mit welcher Vehemenz dort Flaschenmuttis verurteilt und verteufelt werden, erschreckt mich – als würden wir unsere Kinder absichtlich vergiften wollen. Vielleicht ist das zu sehr „heile Welt“, aber an dieser (und an vielen anderen Stellen auch) wünsche ich mir einfach mehr Toleranz gegenüber den Entscheidungen anderer Mütter. Denn wenn ich mittlerweile eins gelernt habe, dann, dass in der Regel jede Mutter das Beste für ihr Kind will und das Beste für das Kind ist oft einfach das womit sich sowohl Mutter als auch Kind am wohlsten fühlen!

Herzlichst
Deine JennyPenny