Willensstarke Kinder sind ja so was tolles. Ohne meine willensstarken Kinder wäre mein Leben ganz schön langweilig und einfach, viel zu einfach. Ich hätte nie jemanden, mit dem ich diskutieren dürfte. Immer und immer wieder über das immer gleiche Thema.

Ich müsste nie befürchten, dass ein Thema abgehakt ist und Langeweile eintritt, denn dank meiner willensstarken Tochter wird ein und das selbe Thema immer wieder in Frage gestellt.

Es ist schön, jeden Morgen aufzuwachen und sich die Frage zu stellen, ob es diesmal langweilig wird und die Granate ohne Protest in den Kiga geht oder ob wieder Überzeugungsarbeit notwendig sein wird. Immerhin sorgt das auch dafür, dass mein Gehirn fit bleibt, denn natürlich müssen Argumente gefunden werden, warum es heute eine gute Idee ist, in den Kiga zu gehen. Oder warum sie nicht fünfzig Folgen Bibi & Tina oder Connie oder was auch immer gucken kann. Die Diskussionen was Schuhe, Jacken oder sonstige Kleidung angeht, spare ich mir mittlerweile größtenteils.

Jetzt mal ehrlich

Ok, ich stelle den Sarkasmus jetzt mal aus und versuche ein wenig ernster zu werden.

Natürlich ist es nicht schlecht willensstarke Kinder zu haben. Es ist in der heutigen Welt sehr von Vorteil, wenn man weiß, was man will und auch das Durchhaltevermögen besitzt seinen Willen, seine Ziele und Wünsche durch- bzw. umzusetzen. Lernen, dass man seinen Willen eben nicht immer durchsetzen kann, müssen alle Kinder. Durch meine Beobachtungen bei anderen Kindern, habe ich das Gefühl, dass es sehr willensstarken Kindern etwas schwerer fällt zu lernen auch den Willen und die Wünsche anderer anzuerkennen. Ich denke auch, dass Eltern willensstarker Kinder eine Extra-Portion an Kompromissbereitschaft bereit halten müssen. Diese Kinder sehen nämlich nur sehr schwer ein, wenn etwas, dass sie wirklich wollen, nicht möglich ist. Ein „Nein“ wird in den seltensten Fällen akzeptiert. Da müssen schon gute Argumente angeführt werden, um sie von ihrem Vorhaben abzubringen.

Diskutierst Du etwa mit Deinen Kindern?“

Ja, das mache ich wirklich. Ich erkläre immer, wenn etwas nicht geht oder etwas gemacht werden soll, was sie nicht wollen. Manchmal bringe ich gute, manchmal weniger gute Argumente für meine Sicht der Dingen.

Ein bisschen ist es da wie bei einem Esel oder Pferd, dass sich nicht von der Stelle bewegen lässt. Da hilft es nämlich überhaupt nicht Druck aufzubauen, indem man am Strick zieht – wenn 500 kg sich nicht bewegen wollen, können wir mit dem bisschen Zugkraft das nicht ändern und bewirken mit dem Generve vermutlich eher noch das Gegenteil. Da muss man schon ein wenig tricksen. Wenn das Pferd nicht gerade aus gehen will, geht man eben einen kleinen Rechtsschwenk – und siehe da, es bewegt sich.

Ich versuche außerdem meinen Kindern möglichst viele Entscheidungen zu überlassen. Kleidung, Essen (außer das, was ich koche. Das richte ich eh danach, was die Kindern gerne essen), Spiele. Bei vielem gebe ich zwei Entscheidungsmöglichkeiten vor. Ich will damit nicht irgendwelche Sozialkompetenzen stärken, sondern meinen Kindern ein gutes Gefühl geben – das Gefühl, dass ihre Stimmer zählt, dass ich ihre Entscheidungen ernst nehme. Und wenn die Granate dann eben meint, die zwei Minuten zum Kiga (im Auto) ohne Jacke zu überleben, dann darf sie das. Hat sie da auch schon gefroren? Ja, hat sie und sobald sie auf dem Parkplatz vom Kiga aus dem Auto raus war, war die Jacke auch schon an.

Nicht immer klappt es mit der Entscheidungsfreiheit

Natürlich gibt es auch Situationen, in denen sie einfach noch nicht oder nicht mehr entscheiden kann. Wenn sie die Tragweite einer Entscheidung nicht einschätzen kann, wenn eine Situation sie überfordert oder wenn sie total müde ist zum Beispiel. Dann treffen wir natürlich die Entscheidungen für sie. Ich würde auch nie behaupten, dass das bei willensstarken Kindern nicht möglich ist, sondern eher, dass es darauf ankommt, wie man sie vor diese vollendete Tatsache stellt. Laut und autoritär meine/ unsere Entscheidung an den Kopf zu werfen hat nämlich nur eins zur Folge: sie macht dicht und weint. Das hat noch nie funktioniert. Auf Augenhöhe gehen, versuchen, ihr die Situation so kurz wie möglich zu erklären und eine schöne Alternative aufzeigen, damit gewinnt man ihre Zustimmung schon eher. Ich gebe mal ein kurzes, typisches Beispiel:

Der Kiga geht nach den Ferien wieder los und wie sollte es anders sein, die Granate will nicht. War es vor den Ferien noch so, dass sie unbedingt dort essen und länger bleiben wollte, so will sie in der ersten Woche nach den Ferien unbedingt NICHT in den Kindergarten. Einen Faultag sollen wir einlegen – jeden Tag die Woche. Darauf kann und will ich mich nicht einlassen, weil es nichts bringt, denn in der darauffolgenden Woche hätten wir immer noch das gleiche Problem. Einfach zu sagen „Du gehst jetzt aber!“, bringt aber auch mal so gar nichts, außer Tränen. Also sammelt Mutti all ihre Überzeugungskraft und ruft der Granate in Erinnerung wie traurig ihre zwei Freunde wären, wenn sie jetzt nicht zum Kiga gehen würde. Blöderweise muss ich mir jeden Morgen was neues Überlegen, aber irgendwie fällt mir glücklicherweise meistens was ein und sie erinnert sich, wie schön es im Kiga ist und ist bereit zu gehen.

Hätte ich in dieser Situation einfach nur autoritär darauf bestanden, dass sie hingeht, hätte ich sie vermutlich nicht mal anziehen können und hätte sie letztendlich im Schlafanzug und heulend mit viel Zwang und schlechten Gefühlen im Kiga abgeladen. Bringt nichts, ist nicht nett und nicht auf Augenhöhe, also muss ich es eben anders machen. Klar kostet das mehr Kraft, mehr Gehirnleistung und mehr Zeit, aber es gibt eben auch ein besseres Gefühl, wenn beide mit der Situation und der getroffenen Entscheidung einverstanden sind.

Wie gehst du mit dem Eigensinn deiner Kinder um? Denkst du, dass es willensstarken Kindern manchmal wirklich schwerer fällt, andere Meinungen zu akzeptieren? Über deine Meinung im Kommentar würde ich mich sehr freuen!

Was es für die Kinder bedeutet eigene Entscheidungen zu treffen – nämlich auch zu diesen zu stehen – kannst du übermorgen lesen.

Herzlichst

Deine JennyPenny