Vor ein paar Tagen veröffentlichte ich einen Blogpost dazu, dass im Krankenhaus nach der Geburt des Krümels nicht alles so gelaufen ist, wie es hätte laufen müssen.
Der alte Vorwurf
Ich warf dem Krankenhaus vor, dass es dort nicht schon zu einer Klärung des Verdachts Franceschetti-Syndrom gekommen ist und man uns dadurch so lange im Unklaren gelassen hat. Dadurch stünden wir nun immer noch vor dieser schwierigen Entscheidung, ob wir eine Genanalyse zur Klärrung der Verdachtsdiagnose durchführen lassen oder nicht.
Nach einem sehr aufschlussreichen Gespräch mit meiner Psychotherapeutin ist mir mein ganzes Gefühlchaos jetzt klarer als noch zuvor. Denn natürlich hat das Krankenhaus nicht das Recht eine Genanalyse durchzuführen ohne dafür mit uns als Eltern Rücksprache zu halten. Ich dachte allerdings, dass es in Rücksprache mit uns, ihre Pflicht gewesen. Die Realität sieht aber anders als, denn eine Genanalyse wäre nur notwendig gewesen, wenn die Klärung des Verddachts entscheidend für etwaige Therapiemaßnahmen gewesen wäre. Da zum Zeitpunkt der U2 aber nicht einmal abzusehen war, ob Therapiemaßnahmen überhaupt notwendig seien, war eine Klärung des Verdachts auch nicht notwendig. Hier hat das Krankenhaus also vollkommen richtig gehandelt und mit Sicherheit nicht seine Pflicht verletzt. Letztendlich ist mir klar geworden, dass ich mein eigentliches Problem mit dem Vorgehen des Krankenhauses, bzw. der zuständigen Ärzte, auf diese fehlende Genanalyse projiziert habe.
Aufklärung? Fehlanzeige!
Dennoch ist von Seiten der Ärzte eindeutig etwas sehr falsch gelaufen. Im Post Verdachtsdiagnose Franceschetti-Syndrom habe ich genauer beschrieben, wie wir davon erfuhren und das ist schon nicht sehr gut gelaufen. Im Endeffekt zog sich das aber bis zur Entlassung weiter, denn eine richtige Aufklärung über das Franceschetti-Syndrom bekamen wir zu keinem Zeitpunkt von den Ärzten. Uns wurde lediglich mitgeteilt, dass so jetzt erstmal alles gut aussähe und man/wir abwarten müssten, wie sich der Krümel entwickeln würde. Geht.Gar. Nicht!
Warum das so nicht in Odnung ist? Weil danach keinerlei Aufklärung zum Franceschetti-Syndrom mehr erfolgte. Nichts. Nada. Niente. Nichts darüber, welche Probleme noch auftreten könnten, was typisch für das Franceschetti-Syndrom ist oder worauf wir in den ersten Monaten (Jahren?) vielleicht ein bisschen genauer schauen müssten. Diese nicht erfolgte Aufklärung hat bei uns einen großen Spielraum für Spekulationen und die schlimmsten Horrorszenarien gelassen. Natürlich hätten wir uns auch mit Aufklärung Sorgen und Gedanken gemacht, aber es wäre jemand kompetentes an unserer Seite gewesen, der die schlimmsten Befürchtungen von vornherein hätte zerschlagen können. Und wenn das Personal wegen Unkenntnis dazu nicht in der Lage gewesen wäre, wäre es da nicht das mindeste gewesen uns jemanden zu empfehlen, an den wir uns hätten wenden können? Hätte, hätte, Fahrradkette.
So mussten wir uns jeden kleinen Informationsschnipsel selbst zusammengoogeln – und wie bereits an anderer Stelle schon erwähnt, sind die deutschen Informationsquellen da recht spärlich.
Warum mich das erst jetzt triggert
Schon komisch, dass mir das erst nach 1,5 Jahren so richtig sauer aufstößt. Bei genauerer Betrachtung ergibt es aber Sinn, denn um ehrlich zu sein, habe ich das gute erste Jahr nach des Krümels Geburt nur funktioniert. Habe Termine gemacht, Kliniken gegoogelt, Informationen zusammengeklaubt, bin wilde Runden mit dem Gedankenkarrussell gefahren in Richtung „Was ist, wenn…?“, habe versucht bei aller Sorge um den Kleinen die Große nicht zu vernachlässigen und gegeben bis an den Rand des Burn-Outs. Seit ein paar Monaten ebbt (meine innere) Aufregung so langsam ab. Ich erkenne, dass ich nicht unendlich geben kann, sondern auch für mich Sorgen muss und versuche seitdem mehr auf meine Selbstfürsorge zu achten. Ich mache mir immer weniger Gedanken um den Kampfzwerg, weil er sich so toll entwickelt. Der Kopf wird wieder freier für andere Dinge und somit auch für die Verarbeitung dieser unheimlich sorgenvollen, beängstigenden Zeit, die ja eigentlich wunderschön sein soll.
Irgendwie habe ich das alles, zwar in abgeschwächter Form, aber doch bewusster nochmal durchlebt, habe geweint und gewütet und erstmal falsch projiziert. Mit meiner Psychotherapeutin darüber zu sprechen hat den Blick für das eigentliche Probelm meines Ärgers geschärft und hier darüber zu schreiben befreit mich in gewisser Weise davon. Ich kann nicht versprechen, dass es mich nicht vielleicht doch nochmal zum Weinen bringen wird, aber zur Zeit fühlt es sich verarbeitet an. Ohne die Psychotherapie, die mich in regelmäßigen Abständen dazu bringt, solche Momente mit der Lupe zu betrachten, hätte ich wohl wesentlich länger damit zu kämpfen gehabt. Natürlich kann ich auch mit meinem Mann über so etwas reden, aber im täglichen Gewusel zwischen Arbeit und Kinder versorgen, fehlt mir oft die Kraft dann auch noch mit ihm so schwierige Themen zu erörtern. Außerdem ist ein Blick von außen, von jemanden, der nicht direkt betroffen ist, oft objektiver und manchmal auch hilfreicher.
Der Verdacht wird vorerst einer bleiben
Inmitten dieses Gefühlschaos hat sich noch ein weiterer Aspekt geklärt. Nachdem deutlich wurde, dass es gar nicht um die vermeintlich fehlende Aufklärung des Verdachtes ging, ist mir bewusst geworden, dass diese Ungewissheit mich zur Zeit eigentlich tatsächlich nicht sehr stört. Zwar ist Ungewissheit immer noch nicht mein Ding und ich bin ein von Natur aus neugieriger Mensch, aber so lange es nicht medizinisch relevant wird (für eine etwaige medizinische Behandlung des Krümels oder falls wir uns in nicht allzu naher Zukunft für Kind Nr. 3 entscheiden) kann ich mit dieser Ungewissheit leben.
Der ewige Verdacht wird also vorerst nicht geklärt und trotzdem wird es möglich sein, das erlebte zu verarbeiten.
Herzlichst
Deine JennyPenny
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