Bei all der menschlichen Inkompentenz, die uns von Seiten einer Ärztin im Krankenhaus entgegenschlug, können wir wohl noch von Glück sprechen, dass sie zumindest fachlich kompetent war und auf die Verdachtsdiagnose Franceschetti-Syndrom überhaupt kam. Was musste, bzw. konnte nun überhaupt als nächstes getan werden?
Ich kann mich noch daran erinnern, dass ich in den ersten Wochen und Tagen undenklich oft das Internet durchforstete ohne wirklich erfolgreich etwas zu finden. Es gibt eine einzige deutsche Seite, und zwar die der Selbsthilfegruppe Franceschetti e.V., von der wir auch die meisten Informationen beziehen konnten. Das war es dann aber auch schon. Fast schon wie besessen durchforstete ich immer wieder aufs Neue das Internet nach weiteren Informationsquellen, die ich vielleicht übersehen hatte, in der irrigen Annahme, dass sie mir endlich die Antwort liefern könnten ob unser Krümel nun Franceschetti hat oder nicht. Ich stieß dann noch auf ein, zwei englische Seiten, die zu lesen mir aber meist die Ruhe fehlte. Auf Jono Lancaster – wohl einer der bekanntesten Menschen mit Franceschetti, der mittlerweile auch eine Stiftung gegründet hat und durch die halbe Welt gereist ist um Familien mit Franceschetti-Kindern zu besuchen – stieß ich erst relativ spät. Dennoch machte mir sein positives Auftreten Mut.

Im Vordergrund standen anfangs erstmal seine Trinkschwierigkeiten. Stillen klappte gar nicht und auch bei der Flasche lief gefühlt immer die Hälfte nebenher. Ich machte mir zwar keine Gedanken, dass er zu wenig bekam, denn entweder trank er öfter oder ich musste nochmal nachlegen, aber trotzdem war es nervig. Bevor es losgehen konnte mit trinken, musste immer erst das Tuch drapiert werden, denn das war zum Schluß immer klatschnass und ein Tuch ist schneller gewechselt als Strampler plus Body. Da die Geburt sehr flott ablief, vermutete ich erstmal, dass eine Osteopathin vielleicht etwas richten könne. Wir bekamen auch relativ schnell einen Termin, aber die erhoffte Besserung blieb aus. Also sprach ich bei der U3 unsere Kinderärztin an, die uns dann empfahl mit dem Krümel zur Castillo-Morales Therapie zu gehen. Wir bekamen auch gleich ein Rezept und bereits sechs Wochen nach seiner Geburt konnten wir damit starten. Was soll ich sagen, es war das Beste, was wir hätten machen können! Der Krümel fühlte sich bei unserer Logopädin, die auch besagte Castillo-Morales Therapie machte, von Anfang an wohl und ich mich auch!

Unsere Kinderärztin hatte zum Glück ein wenig mehr Ahnung vom Franceschetti-Syndrom, aber auch sie sagte, wir könnten nicht viel mehr tun, als ihn bei den Us genau zu untersuchen und mit der Castillo-Morales Therapie an seiner Trinkschwäche und seinem Zungenvorstoß zu arbeiten.
„Was bitte, Zungenvorstoß?“, werdet ihr jetzt vermutlich denken. Sagte mir bis dato auch noch nichts, bedeutet aber einfach, dass der Krümel immer seine Zunge zwischen die Lippen packte. Zunächst nicht so wahnsinnig dramatisch, sah aber echt doof aus und auch auf lange Sicht musste ihm das wieder abgewöhnt werden.
Das tolle an der Castillo-Morales Therapie ist, dass es dort einen Bereich gibt, der sich Modulation nennt. Mithilfe von streichenden Bewegungen gefolgt von ganz leichtem Druck versucht man sich bspw das Gesicht so zu formen, wie man es gerne hätte. Klingt ein bißchen nach Science Fiction, ich weiß, der einzige Trick dabei ist allerdings, dass man versucht, das Bindegewebe zu formen. Da sich das kindliche Gesicht gerade im ersten Jahr so unglaublich verändern kann, kann ich gar nicht so genau sagen, was an Krümels Verändeung vom Castillo Morales kommt und was sich vielleicht auch so verwachsen hätte. Ich bin mir trotzdem ziemlich sicher, dass diese Therapie-Methode bei ihm unglaublich gut angeschlagen hat und wir dadurch vor allem seinen Unterkiefer ein wenig nach vorne holen konnten.
An dieser Stelle, möchte ich ein wahnsinnig, riesig großes Dankeschön an unsere Logopädin und Castillo-Morales Therapeutin Steffi aussprechen! Sie hatte immer ein offenes Auge für den Krümel und ein offenes Ohr für die Mama und dafür werde ich ihr immer dankbar sein!!!

Neben der Castillo-Morales Therapie machte ich aber auch noch Termine bei einem Augenarzt und einen HNO. Beim Augenarzt, weil der Krümel nach außen schielte, wenn er müde oder unkonzentriert war und weil er ständig tränende Augen hatte. Mir war klar, dass das alles beides Sachen waren, die sich noch im ersten halben Jahr, in manchen Fällen auch im ersten Jahr, noch verwachsen konnten, aber ich wollte einfach auf Nummer sicher gehen. So kam es denn auch dazu, dass unser erster Termin in einer Uni-Klinik anstand, weil das Tränen der Augen genauer untersucht werden musste.
Zum HNO wollte ich, weil der Krümel sehr oft mit offenem Mund schlief, was für Babys ja eigentlich echt ungewöhnlich ist, und er auch häufig recht laut atmete. Der Besuch beim HNO verlief allerdings relativ unspektakulär. Im Bereich der oberen Atemwege sah alles erstmal nicht besorgniserregend verengt aus, wir sollten aber nochmal wiederkommen, wenn der Krümel ein Jahr alt sei, weil er dann noch anders untersucht werden könnte. Auch auf die Gehörgänge warf der Doc einen Blick und stellte fest, was wir auch bereits schon wussten, nämlich, dass der rechte Gehörgang etwas verengt sei, was sich aber auch noch ändern können.

Nach diesem kleinen „Ärzte-Marathon“ war ich erstmal semi-beruhigt und uns blieb wieder nicht mehr viel als abwarten. Dem Termin in der Uni-Klinik, auf den wir zwei Monate warten mussten, fieberte ich allerdings entgegen. Auch wenn ich wusste, dass tränende Augen bei Säuglingen nichts außergewöhnliches sind, nervte das mehrmals tägliche Augen auswischen nicht nur mich sondern auch den Krümel und je älter er wurde, desto unleidlicher ließ er die Prozedur über sich ergehen. Er tat mir einfach unglaublich leid und ich hoffte natürlich, dass der Termin in der Uni-Klinik irgendeine Art von Besserung bringen würde. Wie der Termin in der Uni-Klinik ablief, kannst du in „Mein neues Hobby: Oberärzte nerven“ lesen.

Mittlerweile ist der Krümel ja schon ein Jahr alt und es stehen die nächsten Untersuchungen an. Wieder Augenarzt und HNO, denn wenn er müde ist, schielt er immer noch und die Sache mit den engen Atemwegen will ich einfach nochmal abklären lassen, auch wenn seine Atemgeräusche im Schaf wesentlich besser geworden sind. Auch den rechten Gehörgang will ich nochmal checken lassen, weil wir manchmal das Gefühl haben, dass der Krümel auf dem rechten Ohr ein Mü schlechter hört.
Sicherlich alles nicht dramatisch, aber ich bleibe meinem Motto „Währet den Anfängen“ treu und wenn es mich beruhigt, bin ich einfach eine entspanntere Mutter. Und entspannte Mutter, entspannte Kinder – ihr wisst, wie der Hase läuft.

Herzlichst
Eure JennyPenny